Aus dem Buch "Unser
Schlesien" herausgegeben von Dr. Karl Hausdorff
Copyright
1954 by Karl Mayer Verlag Stuttgart
Prof. Dr. WILHELM
MENZEL.
Die schlesische Mundart
Wenn alles,
was zu dichten und zu schreiben
ich je versucht auch müßte
untergehn
im Strom der Zeit und ihrer Stürme Wehn -
die
schlesischen Gedichte werden bleiben,
weil sie entsprossen treu
aus der Natur
und heimisch sind auf heimatlicher Flur.
Carl
von Holtei (1858)
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AUSBREITUNG
DER SCHLESISCHEN MUNDARTEN
HERKUNFT DER SCHLESIER
Mit dem
Begriff „Schlesische Mundarten" ist - räumlich
gesehen - nicht die Provinz Schlesien gemeint. Die fast Sieben
Millionen ostdeutscher Menschen, die schlesisch sprachen wohnten auf
einem Raume, der erheblich größer war als
Preußisch-Schlesien. Dieses bildete nur den Mittelpunkt eines
Gebiets, zu dem nach allen Seiten hin noch große Räume mit
Menschen schlesischer Zunge gehörten
Im Westen erweiterte
sich die schlesische Sprachlandschaft um das Gebiet der alten
"Sechsstädte": Lauban, Görlitz, Löbau,
Bautzen, Zittau (Kamenz sprach obersächsische Mundart), im
Nordwesten und Norden bis zur niederdeutschen Sprachgrenze um die
Niederlausitz (ausgenommen die wendischen Orte) und die Kreise
Crossen, Züllichau und Schwiebus.
Im
Südwesten und Süden zählte zur schlesischen
Sprachgemeinschaft Nordböhmen
mit Reichenberg und Friedland das südliche
Riesengebirge und Ostböhmen mit Hohenelbe,
Trautenau und Braunau, im Südosten Ostschlesien
und Nordmähren mit Mährisch-Schönberg, ferner
das Oppaland (das "Österreich-Schlesien") und
das Kuhländchen.
Im Osten sprachen Grenzstriche
der früheren Provinz Posen schlesisch: Lissa, Storchnest
und Leiperode, Adelnau, Schildberg und Kempen. Die
Grenze des geschlossenen schlesischen Sprachgebiets führte (von
Süden nach Norden) über Piltsch, Zauditsch bei Katscher
Bauerwitz, Leisnjtz bei Leobschütz Zülz, Falkenberg,
Oppeln, Karlsmarkt, Reichtal bei Namslau, Groß Wartenberg nach
Neumittelwalde. Westlich dieser Linie waren nur geringe
nichtdeutsche "Einschübe" vorhanden: Außer
mährischen Dörfern des Hultschiner Ländchens
einige Dörfer mit tschechisch sprechenden Bewohnern in der
Lewiner Ecke der Grafschaft Glatz (im "Böhmischen
Winkel"), drei Dörfer bei Strehlen (Ansiedlung
tschechischer Protestanten unter Friedrich dem Großen) sowie
Teile des Kreises Hoyerswerda und Rothenburg/OL, wo
wendisch gesprochen wurde.
In Oberschlesien gehörten als
geschlossene Stadt- und Dorfsiedelungen zur schlesischen Mundart:
Kreuzburg mit Konstadt, Pitschen und Rosenberg, Oppeln mit
Malapane, Groß Strehlitz, Guttentag, Himmelwitz und
Peiskretscham, Oberglogau mit Krappitz, Klein Strehlitz, Proskau,
Cosel, Gnadenfeld, Mechnjtz und Ratibor, Gleiwitz mit Schönwald,
Reigersfeld und Kieferstädtl, Hindenburg, Beuthen, Königshütte,
Kattowitz, Anhalt, Tarnowitz, Lublinitz, Loslau, Sohrau, Pleß
und Rybnik. Besonders erwähnenswert als Volkstumsinseln
sind Schönwald bei Gleiwitz, Anhalt und Kostenthal.
Weiterhin gehörten zur
schlesischen Sprachgemeinschaft die im polnischen und tschechischen
Staate liegenden Sprachinseln: z. B. Bielitz, Alt-Bielitz,
Wilmesau und die Zips.
In diesen großen Raum, der
sich zum schlesischen Sprachraum herausbildete strömten seit dem
13. Jahrhundert die Siedler, die Bauern- und Handwerkersöhne aus
altdeutschem Land. Was sie in der neuen Heimat verbindet, ist
zunächst die Blutsverwandtschaft; ihr geistiger Ausdruck aber
ist die in den Grundzügen gleiche Mundart. Bereits im 14.
Jahrhundert ist eine schlesische Gemeinsprache entwickelt, die
sich vor allem auf dem Dorfe bis in unsere Tage erhalten hat.
Einzelne Landschaften, Herrschaftsbereiche oder Parochien haben für
sich wieder Teilmundarten entwickelt.
Die gemeinsamen
Spracheigenheiten, insbesondere der Vokalismus und Konsonantismus,
weiterhin die Familien- und Ortsnamen lassen Rückschlüsse
auf die Herkunft der Siedler zu. So zeigt z. B. Wolfgang Jungandreas
in seinen "Beiträgen zur Erforschung der Besiedlung
Schlesiens", daß einem Reinharz, Romers und Rückers
bei Fulda ein Reinerz, Roms und Rückers in der Grafschaft Glatz
entsprechen. In der Tat stammt auch ein beachtlicher Teil der
deutschen Siedler aus Hessen, aus Mainfranken und
Bayern. Etwa die Hälfte der urkundlich überlieferten
Familiennamen weist auf thüringisch-meißnische
Herkunft. Auch die schlesischen Dorfnamen auf -au, -bach, -berg,
-burg, -dorf, -feld, -heide, -kirch, -hain, -stein, -walde, -wiese
sind mitteldeutschen Ursprungs. Die Bildung auf -seifen
(seiffen) tritt gruppenweise im Erzgebirge, Nordböhmen,
im Iser- und Riesengebirge, in Mähren und in
"Österreichisch Schlesien" auf und läßt
auf die Einwanderung fränkischer Bergleute schließen.
Der Anteil der niederdeutschen Namen ist gering; er beträgt
etwa nur ein Fünftel der mitteldeutschen.
Diesen
Ergebnissen der Namensforschung entspricht auch die Mundart. Ihre
Grundlage ist überwiegend mitteldeutsch' thüringisch'
fränkisch, hessisch. Darin sind verflochten
bayerisch-österreichische und niederdeutsche
Lauteigenheiten. Das Bild wechselt von Ort zu Ort, von Tal zu
Tal, von Landschaft zu Landschaft. So finden sich z. B. in der
Mundart von Ratsdorf und Mährisch-Altstadt
vorwiegend bayrisch-österreichische Lauteigentümlichkeiten;
ähnlich liegt es auch - wenn auch schwächer - in Schönwald
bei Gleiwitz' in Spindelmühle im Riesengebirge, in
Kieslingswalde in der Grafschaft Glatz und in Katscher
O.S.
DIE LAUTLICHEN
HAUPTMERKMALE DER SCHLESISCHEN MUNDARTEN
Welches sind nun
die gemeinsamen lautlichen Merkmale der schlesischen Mundarten?
Wolf
von Unwerth hat sie in seiner 1908 von der Breslauer Universität
preisgekrönten Schrift zusammengefaßt. Die Ergebnisse
seiner Forschung sind indessen besonders durch Wolfgang
Jungandreas und Ernst Schwarz ergänzt' erweitert
und berichtigt worden.
Danach zeigen sich über alle
Teilmundarten hinweg folgende gemeinsame Züge:
1.
Altes (mittelhochdeutsches mhd.) langes a und gedehntes o fallen im
Schlesischen zusammen; beide werden langes o (~ oo)
mhd. schaf
(Schaf) = schoof
mhd. bodem, boden (Boden) = boodn
Ebenso
fällt altes (mhd.) langes o und gedehntes u zusammen; beide
werden langes u ( = uu)
mhd. groz (groß) = gruus - - - -
- - - - - mhd. busch (Busch) = puusch
Ebenso fallen
folgende vier alte (mittelhochdeutsche) Laute zu einemvLaut zusammen:
mhd. langes e' oe' gedehntes i und ü. Alle werden zu langem i (
ii) ; oe und gedehntes ü werden also entrundet.
mhd.
zehe (Zehe) = tsiine
rnhd. boese (böse) = biise - - - - -
- - - -rnhd. rnül, müle (Mühle) = miile
rnhd.
wise (Wiese) =
wiise
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2.
Alte (mhd.) kurze Selbstlaute sind nicht nur in offener Silbe gedehnt
worden, sondern auch in geschlossener Silbe, wenn früher in der
verlängerten Form ein Doppelmitlaut stand:
rnhd. ktoz (Klotz) = kloots - - -
- - - - - - - -rnhd. loch (Loch) = looch
rnhd. nus (Nuß)
= nuus - - - - - - - - - - - - - rnhd. tisch (Tisch) =
tiisch
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3.
Die alten (mhd.) Doppellaute uo, üe, ie, die zu u, ü und i
geworden sind, werden vor t und inlautendem stimmlosen Geräuschlaute
gekürzt:
rnhd. huot (Hut) = hut - - - - - - - - - - - - -
- -rnhd. ruofen (rufen) = rufa
rnhd. büechel (Büchlein)
= bichl - - - - - - - - rnhd. sliezen (schließen) =
schlissa
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4.
Altes germanisches mp und pp ist erhalten:
stampan
(stampfen) = stompa
top (Topf) = tup (schlesisch: aim tupe =
hochdeutsch: im Topf e)
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5.
Altes (westgermanisches) d ist zu t verschoben
dac (Tag) =
taak
dam (Damm) = toam; (schlesisch: uffm torne = hochdeutsch:
auf dem Damm)
Diese Lautverschiebung weist jedoch
bemerkenswerte Unterschiede auf in der Stellung nach l, n und r.
Während nach 1 und n d gilt, ist das t nach r geblieben
(schlesisch gortn [Garten] und schlesisch haln aus halden, hinda aus
hinten).
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6.
Statt zu erwartendem b und d steht p und tu
Bauer = paur - - -
- - - - - - - - - - - - - - - buckel = pukl
brüllen =
priln - - - - - - - - - - - - - - - - - -dumm = tum
Docht =
toocht
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7. Einige andere
Lauterscheinungen kennzeichnen das Schlesische:
a) Im
Auslaut (wie auch inlautend neben stimmlosem Mitlaut) wird der
Stimmton aufgegeben, es tritt eine Lautverhärtung ein:
Lob
= loop - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -Tag = taak
lebt
= laapt
Diese Erscheinung ist nichts anderes als das
mittelhochdeutsche Auslauts-Gesetz. Es zeigt sich, daß das
Schlesische (wie alle Dialekte) eine konservative Mundart ist, daß
es manche Züge aus der mittelhochdeutschen Zeit bewahrt hat.
b)
Gegenüber den Nachbarmundarten, sowohl dem Obersächsischen
und dem Nordwestböhmischen, unterscheidet sich das Schlesische
durch die Bewahrung des Stimmtones bei Verschluß- und
Reibelauten. Die schlesische Mundart kennt also das stimmhafte b' d,
g' vielfach auch ein w für inlautendes f. Der Schlesier sagt
biise -, während z. B. der Komotauer beeße spricht.
Schlesisch heißt es uuwa' nordwestböhmisch aber
uufm.
c)Auch die wirkliche Verdoppelung, wie wir sie
heute nur noch in Südschweizer Mundarten und im Italienischen
hören, wie sie aber im Mittelhochdeutschen allgemein üblich
war, findet sich im Schlesischen. Es heißt in der Grafschaft
Glatz folla, fallen, aim toppe, im Topfe mit einer deutlichen
"Zweigipflichkeit" des inlautenden Mitlauts, also
fol-la.
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8.
Beachtlich sind schließlich auch Gemeinsamkeiten des
Wortschatzes. Es genügt, hier das schlesische ok, landschaftlich
och (althochdeutsch okkeret, okkert) = nur oder bloß
anzuführen, das sich deutlich vom neer des Nordwestböhmischen
abhebt. Es ist aus der alten Heimat mitgebracht worden und hat sich
im Schlesischen so allgemein durchgesetzt, daß es infolge
seines häufigen Gebrauchs geradezu zum Kennzeichen des
Schlesischen geworden ist.
Als typisch schlesisch seien nur
noch zwei Wörter genannt: "Kretscham" und
"Böhm."
· "Kretscham"
ist aus dem polnischen karczma (tschechisch krcma) = Dorfschenke
übernommen und durch Metathese zu schlesisch "kratschm"
entwickelt worden. Von daher leiten sich die verschiedenen Formen des
bezeichnend schlesischen Familiennamens Kretschmar, Kretschmer,
Kretschmann ab.
·Mit "Böhm"
(beem, biim, biima) ist bekanntlich unser Zehnpfennigstück
gemeint. Die Bezeichnung soll auf die Zeit der Luxemburger in Böhmen
zurückgehen, unter denen Schlesien durch den Vertrag von
Trentschin 1335 endgültig ein Glied des Deutschen Reiches
wurde.
DIE
SCHLESISCHEN TEILMUNDARTEN
Daß sich im Schlesischen
trotz aller Gemeinsamkeiten im Vokalismus und Konsonantismus eine
große Zahl "Teilmundarten" entwickelt haben,
fällt bis auf den heutigen Tag jedem aufmerksamen Beobachter
auf. Die wissenschaftliche Mundartforschung trifft (nach Wolf von
Unwerth) zunächst eine Zweiteilung in Stammundarten und
Diphthongierungsmundarten.
Stammundarten
Unter Stammundarten versteht man
diejenigen, die den im Schlesischen entwickelten Selbstlautstand im
ganzen bewahrt haben; unter Diphthongierungsmundarten solche, die den
Vokalismus besonders durch Zerdehnungen weitergebildet haben.
Die
Grenze zwischen beiden verlief von Crossen über den
westlichen Teil des Kreises Grünberg, Naumburg a.
Bober, Sorau, Sagan, Sprottau, Primkenau, Kotzenau, Haynau, Arnsdorf,
Liegnitz, Oyas, Tentschel, Groß Baudiß, Weicherau,
Lorzendorf, Ober Struse, Kanth, Kattern, Postelwitz, südlich
Vielguth und Bernstadt über Wabnitz, Stradam
nach Neumittelwalde.
Alles, was westlich, südlich
und südöstlich dieser Linie lag, gehörte zu den
schlesischen Stammundarten, alles, was nördlich lag, zu den
Diphthongierungsmundarten.
Die Sprachlandschaft der
Stammundarten gliedert sich wiederum in eine Reihe
"Untermundarten":
a) Da ist vor allen
das "Gebirgsschlesische" zu nennen. Seine lautlichen
Eigenheiten sind folgende:
I. Das Endungs-a, d. h. das
-en des Hochdeutschen bei Substantiven und Verben (soweit bei Verben
der Wortstamm nicht auf "l" oder "nn" ausging)
wird zu -a
Die Menschen = menscha - - - - - - - - - - - -Die
Kirschen = kerscha
laufen = loofa - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - essen = assa
II. Die Verkleinerungssilbe
-lein wird zu -la.
Bäumchen = beemla - - - - - - - - - -
- - - - -Töpfchen = tipla
III. mhd. kurzes e
erscheint - soweit es nicht zu a geworden ist - als langes
geschlossenes e.
reden = reeda - - - - - - - - - - - - - - - -
- - -zeln = zeela
IV. Für das -age, -oge des Mhd.
(sagen, gezogen) steht uo oder oa, oder oi:
sagen = soan,
suon; - - - - - - - - - - - - - - -gezogen = gezuon,
gezoin
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Als Beispiel für das
Gebirgsschlesische:
"Tausend Worte Schlesisch"
(Von Ernst Schenke)
Jeder Mensch, woher er auch mag
stammen,
Redet gern, wie ihm der Schnabel wuchs.
Doch wenn er
mit "Höhern" kommt zusammen.
Wird er vornehm und
besinnt sich flugs.
Denn der Dialekt paßt nicht für
jeden,
sagt er sich teils ängstlich, teils mit List,
Aber
wir wolln jetzt mal "Schlesisch" reden,
Wie der Schnabel
uns gewachsen ist.
Assa, trinka, schloofa, stiehn und
sitza
Sagt bei uns der Mensch, der sich nicht ziert.
Renna,
loofa, liega, friern und schwitza,
Das wird hier von jedermann
kapiert.
Essen, trinken, schlafen, stehn und sitzen
Ist auch in
der Schläsing täglich Brauch;
Rennen, laufen, liegen,
friern und schwitzen
muß der "Usinger" wie andre
auch.
Wischt er die Nase sich, so ist's die "Noase",
Läßt er sich einen Zahn ziehn, ist's "derr
Zoahn",
Schießt einen Hasen er, so ist's "derr
Hoase",
Die Frau, das ist "die Froo", der Mann
"derr Moan".
Uba, unda, haußa oder
hinne
Bringt der Schlesier sein Dasein zu;
Kommt er nicht
hinaus, so steckt er drinne,
"Trübetimplich" ist
er, doch auch "fruh".
"Mucksch" ist er
mitunter, "mieseldrähtig",
"Eppsch" tun
kann er, wenn ihn was verdrießt,
"Freindlich"
kann er sein, jedoch auch "grätig",
Wenn er
hustet, "kuuzt" er, dieses "Biest".
Liebt er
ein "Madel", nennt er sie "is Schatzla",
"Mei
Schamster" sagt zu ihm das junge "Blutt";
Umhalst
er sie und gibt er ihr "a Schmatzla",
Spricht leise sie
zu ihm: "Iech bien derr gutt!"
Ist die Liebe
dann soweit gediehen,
Daß 'ne Heirat draus wird, macht er
"Huxt",
Möglichst wenn im Mai die "Beeme
bliehen",
Und da wird getanzt, "geteebst",
"gejuxt".
"Kließla" gibts von frischem
"weeßnem Mahle",
"Sträselkucha",
Sauerkraut und "Krien"
und "derr Bräutjam"
spricht zur Braut: "Na, Ahle,
Is's uff inser Huxt nich
wunderschien?"
Doch später, da gibts "Surga monch
Gebindla",
Do wird "is Köppla" schwer "als
wie a Kerbs"
Und wenn "derr Seeger" schlägt
"is letzte Stündla"
Spricht er: "Ju, ju, iech
gieh jitz uff a Sterbs".
Die Grenze des
Gebirgsschlesischen führt von Rochlitz im
deutschböhmischen Riesengebirge über die Tafelfichte, Bad
Schwarzbach, an der Schwarzbach entlang bis unterhalb Friedebergs
an den Queis, von da über Greiffenberg, Löwenberg,
Goldberg, Lobendau, Wildschütz, Koischwitz, Alt Beckern,
Arnsdorf, Jeschkendorf, Groß Tinz, Mois, Gräbendorf,
Fürstenau, Kanth, Zobten, Strehlen, Münsterberg,
Ottmachau, Neisse, Zülz, Oberglogau, Leobschütz. Im
Süden bildet die deutsch-tschechische Sprachgrenze den Abschluß,
so daß die sudetenschlesischen Mundarten von Ostböhmen
(nach Ernst Schwarz freilich infolge starker Eigenheiten als
besondere Mundartgruppe aufzufassen), vom Braunauer Ländchen,
vom Adlergebirge, von ehemals Österreichisch-Schlesien, und vom
Oppaland noch zum Gebirgsschlesischen zu rechnen sind.
b)
Eine Abart des Gebirgsschlesischen bildet das Glätzische.
Seine Teilmundarten, zu denen das "Niederdörfische"
(um Neurode) und das "Oberdörfische"
(Habelschwerdt-Mittelwalde) ,die Mundarten von Braunau, von den
deutschen Gemeinden im Adlergebirge, von Grulich und von Freiwaldau
(Österreichisch-Schlesien) gehören. weisen folgende
gemeinsamen Züge auf:
I. i und u werden zu e und o
geheilt:
Milch = melch - - - - - - - - - - - - - - - - -Junge
= jonge
II. mhd. ou wird zu langem a (= aa)
boum
= baam - - - - - - - - - - - - - - - - - ougen = aacha
III.
mhd. ei und öu und -age, oge werden zu offenen langen Lauten
oder zu Zwielauten:
fleisch = flääsch, flaisch,
flaasch - - - - - böume = bääme, boime, baime
wagen
= wään, woin - - - - - - - - - - - - gezogen = getsään,
getsoin
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Im
Gedicht des verdienstvollen Glatzer Heimatdichters Robert Karger
werden die Besonderheiten des "Gleetzischen"
deutlich:
"Dodoowa been ich derhaime"
Nammt
a Stecka ei de Hand,
Lott ons of de Barje steija!
Satt, wos
fier a Wonderland
Onsa Aacha sich tutt zeija!
Leit's nie
donda heegebrätt,
Wie a hibsch gemostert Tichla?
Oawer
goar, wenn ainer hätt
Oofgebleetert's Belderbichla?
Dodoowa
been ich derhaime,
Wuu zengstrem Barje stehn.
Mai Groofschoft,
mei ainzije, klaine,
Du Ländla, wunderscheen!
c)
Westlich grenzt innerhalb der Stammesmundarten an das
Gebirgsschlesische die "Oberlausitzer Mundart"
mit dem Gebiet der alten "Sechsstädte" (nur Kamenz i.
Sa. ausgenommen, das obersächsische Mundart spricht), und dem
Nordböhmischen um Reichenberg und Friedland i. B., östlich
des Gebirgsschlesischen trifft man auf die Mundarten des Brieg-
Grottkauer Landes. Im Lautstand sind sie ziemlich gleich.
I.
Anstelle des Gebirgsschlesischen Endungs-a erscheint hier ein
silbisches n oder m. Es heißt also:
essen = assn - - - -
- - - - - - - - - - - - - schlafen schloofn. schoofm
II.
Ebenso tritt für das -la in der Verkleinerungsform ein
silbisches "l"
Bäumchen = beeml - - - - - - - -
- - - - Töppchen = tipl
III. Für das lange
geschlossene e des Gebirgsschlesischen steht ein langes offenes
ä (= ää):
reeda = räädn - - - - - - - -
- - - - - - - - -zeela = tsääln
IV. Das -nt
und -nd erscheint hier als -ng:
gefunden = gefung - - - - - -
- - - - - - - -hinten = hing
mhd. ze endes = zengst
V.
mhd. langes i wird im Brieg-Grottkauer Gebiet zu langem ä mhd.
swin = swään
VI. mhd. kurzes e in knecht,
recht u. ä. wird zu ai (ein deutlicher Zwielaut): also knaicht,
raicht, wobei das i nur kurz an das lange a angehängt
wird.
VII. die Lautverbindungen .age, oge erscheinen
als oi:
sagen = soin - - - - - - - - - - - - - - - - - gezogen
= getsoin
VIII. R und l werden sehr guttural (gaumig)
gesprochen. Diese Sprechweise (die sich auch in den
Diphthongierungsmundarten findet) wird gern als Einfluß des
Polnischen ausgegeben, da die Polen ebenfalls ein gutturales l
kennen. Aber es läßt sich nachweisen, daß ein
solches l schon im Spätmittelalter im Schlesischen zu finden
ist, nicht bloß im Nordschlesischen und im Oberlausitzischen,
sondern auch im Nordböhmischen, wo ein slawischer Einfluß
um diese Zeit ausgeschlossen ist. Das sind Aussprachen des l, die von
daheim aus dem altdeutschen Land mitgebracht worden sind. Wir haben
ja die ähnliche gutturale Bildung des 1 auch im
Holländischen
und Englischen.
Das Beispiel von Rudolf Gärtner mag für
die Oberlausitzer Mundart die lautlichen Eigentümlichkeiten
zeigen.
" 's koam amo Ennr zu mir, woas kenner aus der
Äberlausitz woar, dar wullte uf Äberlausitzsch woas
viertroin, ich sellt'sn waign derr Aussprooche iebrhiern.
Ich
soite: ,Na, doo schißt ock luus!' Und a fungk oa. Ar hott aber
'n Zungenschlaag nö richt'g wegk, ar kunnte sei Schmecklappel nä
wie sichs gehurrt an Maule rimwelkern, derrmitte klong olls su
troige, 's woar kee Soft hinne.
,Halt!' soit ich, ,woart amo!
doo miß merr irschtert a boar Vuriebungn machn derrzu! doas mit
dan ,r' is noo nä richt'g und doas mit ,l' o nä; Soit amo:
,rrr'- ,r' machte dar. -
,Nee, Ihr mißt de Zunge ubm on
Gubm oalähn, su ,rrr'. Nu soit amo
Rrrhabarrrberrr'.
,Rhabarber'- ,Nee,
Rrrhabarrrberrr'.
,Rrhabarrber.' Nu, doas is no kenner, darde
ei derr Äberlausitz gewachsn is. - Doo hoa 'ch Euch amo woas
uhfgeschriebn dohiet, ich waarsch Euch amo vierlaasn, doas laast Ihr
derrnoo amo:
,Ei Ruppersdorf doo rissn de Riepl
Rießler-Reinhulds Runkelriebm raus und ei Reinsch-Richards rutn
Rampler-Rusn-Rankn rupptn die Rajkl o noo droarim!'
Na, ich
ducht mersch ju glei - 's woar nischt nä.
Mitm ,L' gings
glei goar nä. Ich goabm doo an annern Zädl: Nü laast
amo:
Lucke-Lobl, Lurenz-Laberächt und
Liebschersch-Lui ei Lekkerschdurf giehn ei leisn Laderlotschn und
lussn 'ch lange schunt lange Loodn wachsen!'
Nu loas darsch
groade wie's enner macht, darde vermeinswägn aus Berlin
is.
,Nee', soit ich doo, ,nahmt merrsch nä iebl, a
Edlruller wardt Ihr eim Labn nä'."
Die Diphthongierungsmundarten
Das
Gebiet der Diphthongierungsmundarten umfaßt die Kreise
Grünberg, Glogau, Fraustadt, die nördlichen Teile der
Kreise Freystadt, Sagan. Sprottau, Steinau, die Kreise Wohlau, Lüben,
Trebnitz, Trachenberg und Militsch sowie Teile der Kreise Breslau und
Oels.
Diese Sprachlandschaft wird volkstümlich als das
"Neiderländische" bezeichnet. Es weicht in seinen
Lautverhältnissen auffallend von den Stammmundarten ab.
I.
Für das i des Stammgebietes tritt ai oder (im NW und 0) langes
e:
Tisch = taisch oder teesch - - - - - - - - - - - - -
Schnitte = schnaite oder schneete
II. Für uu
der Stammundarten tritt au oder (im NW und 0) langes o:
Stube
= schtaube oder schtoobe - - - - - - - - - gruß = graus oder
groos
III. Für oo des Stammgebiets steht im NW
und 0 au:
Toop = taup - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - Kohle = kaule
Im mittleren Teile steht dafür
ein langes offenes o, das lautlich dem a in engl. water entspricht
und gewöhnlich oa geschrieben wird.
Toop = toap - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - koole = koale
IV.
mhd. langes i erscheint zwischen Oels und Glogau als langes fast
geschlossenes e:
Swin = schween
Im gleichen Raum ist
mhd. langes u zu langem fast geschlossenem o geworden.
hus = hoos
Im gesamten Gebiet
wird ein gutturales (gaumiges) L gesprochen, das im Grünberger
Kreise (ausgenommen der westliche Teil) nach dunklen Selbstlauten oft
verloren geht, oder nach hellem Selbstlaut, oder wenn es
silbe-bildend auftritt, als kurzes o erscheint:
Teil = taio -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Vogel = foago
viel =
vaio
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Derr
Graußknaicht (von Arthur Schoke)
Eich bei a
Graußknaicht vau alem Schlaag,
Eich schoff und schuffte a
ganze Taag.
Eich huo kenn Sunntich is ganze Jauhr
Froet ock
meen Poer, 's wirklich wauhr.
Zwee Sackvell truo eich uff
eimuol weg,
A stärksten Kerle, eich schmeeß'n ei a
Dreck.
Maukleißol aß eich dree Schissoln uff,
En
Rinken Klaublichwurscht noch aubendruff,
Und Laderhausen, die
huo eich au,
Und Taubak schnupp eich, 's ie halt asau.
Mei
Vuoter seelig kunnts au nie laun,
Und eich bei ebens see eenz'ger
Sauhn.
Zwischen den Stammundarten und den
Diphthongierungsmundarten liegt in den Kreisen Breslau,
Neumarkt, Liegnitz, Lüben, Haynau, Goldberg die
Kräutermundart
Sie führt
ihren Namen von den "Kräutern", den Krautbauern, die
um Breslau wohnten und wöchentlich zweimal mit ihrem "Kraut"
zum Markt nach Breslau kamen.
Im südlichen Teil des oben
bezeichneten Gebiets gilt noch das -a und -la des
Gebirgsschlesischen; der weitaus größere Teil hat aber
schon das silbische -n, -m und -l. Man spricht hier schon schneete,
schtoobe wie im Neiderländischen" aber noch schwain und
haus wie im Gebirge.
Über das Oberschlesische
gibt
es so gut wie keine wissenschaftlichen Arbeiten, wenn man von den
hervorragenden Beiträgen Gusindes, Maks, Friedrich Graebischs
und einiger kleiner Mundartsammler absieht, die sich nur mit
Schönwald, Kostenthal, Anhalt, Bielitz u. ä.
befassen, also mit den mittel- und oberdeutschen Sprachinseln von
Oberschlesien. Wie die Volkstumsverhältnisse in diesem Teile
Schlesiens lagen, das hat die oberschlesische Abstimmung am 20. März
1921 klar bewiesen, obwohl sie unter den denkbar ungünstigsten
Umständen für uns Deutsche durchgeführt
wurde.
Sprachlich wurde in den am Anfang dieses Aufsatzes als
geschlossene Stadt- und Dorfsiedelungen genannten Orten (die 1921 mit
85-95 % für Deutschland stimmten) meist ein volkstümliches
Hochdeutsch gesprochen. das sich im Tonfall unverkennbar als
oberschlesisch erwies. Die Arbeiter auf Hütten und in Gruben
sprachen vielfach eine Mischung von Deutsch und Wasserpolnisch. Hier
traf man den Kumpel, der in Beuthen, Gleiwitz, Königshütte,
Kattowitz, in Rudahammer und Bobrek unter Tage schwitzte den Sefflik,
den Karlik, den Antek und den Franzek - oft genug schon von den
Schlesiern verkannt, nicht zu reden von denen, die in Hamburg.
München oder Konstanz wohnten. Wer hat gewußt, was für
ein gesundes und urtümliches Volksleben sich hier entfaltet
hatte! Wem war bekannt. wie treu deutsch die Oberschlesier in ihrem
Denken und Tun sich immer gezeigt hatten! Kann man es ihnen
übelnehmen, wenn sie "sähr beese" werden, wenn da
einer kommt und sie wegen ihres Dialektes zu Polen stempeln will?
Dann wird der Antek nicht bloß "beese", da wird er
"schlächt" und - da "hast du nicht ginstigk".
Aber sonst ist der Oberschlesier, ganz gleich ob es der Antek (Toonla
sagen sie im Gebirge) oder der Franzek (Franzla) oder der Josek
(Joosla) ist, sonst ist er ein sehr "gemietlicher" Mensch,
der einen gesunden Humor hat, freilich nicht immer für zarte
Nerven berechnet.
Es ist hier nicht möglich, dies näher
auszuführen. Wenn nirgends auf der Welt, so hat sich hier das
Gesetz der Muttersprache ausgewirkt: Menschen mit slawischen Namen
haben sich als die treuesten Deutschen erwiesen und umgekehrt:
Menschen mit schönen deutschen Familiennamen als Feinde alles
Deutschen. Sie waren freilich in Oberschlesien in der Minderheit.
Auch Gewalt und Verlockung konnten daran nichts ändern.
Schließlich zeugen für das deutschsprachige Oberschlesien
seine bedeutenden Dichter und Schriftsteller: Eichendorff,
Freytag, Ulitz, Wiessalla. Scholtis, Hayduk, Niekrawietz u.
a.
BEDEUTUNG DER MUNDARTEN
Wenn für jeden Menschen
seine Mundart ein lebendiges Stück der Heimat bedeutet, dann
trifft das heute ganz besonders für die Schlesier zu. Die
Mundart ist mehr als ein interessantes Stück der
Dialektforschung, sie ist auch mehr als ein Stück gemütlicher
Unterhaltung bei Heimatabenden, sie ist lebendes Erbe von Vater und
Mutter und lebendiges Zeugnis für urwüchsiges Deutschtum im
deutschen Osten. Dieses Zeugnis aus Herzensgrund zu leben und zu
geben ist heilignüchterne Aufgabe und Verpflichtung der
Schlesier.